Orthodoxe Kirche Hl. Maria von Ägypten in Tübingen

Berliner Diözese der Russischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchates





16. Sonntag nach Pfingsten

Matth. 25, 14-30

Das Gleichnis von den „Anvertrauten Talenten“ ist eingebettet zwischen den zwei vorangehenden vom „Treuen und ungetreuen Knecht“, dem von den „Zehn Jungfrauen“ und dem nachfolgenden vom „Jüngsten Gericht“. Die ersteren fordern die Christen auf, treu, geduldig sowie wachsam und allezeit bereit zu sein, wenn Christus wieder kommt. Das „Jüngste Gericht“ setzt den Schlusspunkt: Die Geschichte der Menschheit ist zu Ende auf dieser Welt, nun gibt es keine Möglichkeit mehr zur Umkehr.

Das heutige Gleichnis „Von den zehn Talenten“ ruft uns auf, unserer großen Verantwortung bewusst zu werden, die wir vor unserem Schöpfer haben. Gott schenkt jedem von uns, wenn er mit seiner Geburt in die Geschichte der Menschheit eintritt, „Fähigkeiten“ und „Talente“: „Dem einen gab Er fünf Talente, dem anderen zwei, dem dritten eines, jedem nach seiner Fähigkeit.“ (25,15) Das bedeutet, dass Gott jeden von uns ausstattet mit einem unterschiedlichen Maß an Talenten, also Begabungen, sowie mit einer unterschiedlichen Befähigung, ich würde sagen, mit einem unterschiedlichen Potential von inneren Kräften, um diese einzusetzen. Die Talente und das Kräftepotential sind also angeboren, wir können sie aber, je nach unserem Einsatz, verstärken.

In unserem Gleichnis werden nun zwei Fälle geschildert: Es gibt auf der einen Seite zwei Personen mit einem unterschiedlichen Maß an Talenten und Kräften, die sie aber aktiv einsetzen und daher verdoppeln. Auf der anderen Seite ist einer, der sein kleines Talent nicht einsetzt und daher auch keinen Zugewinn macht.

Es ist auffallend, dass in der Gruppe der „Aktiven“ eigens die zwei Fälle hervorgehoben werden, nämlich die Person mit fünf und die andre mit zwei Talenten, beide werden aufgrund ihres Einsatzes belohnt, also auch der minder Begabte. Gott hat es gefallen, die Menschen unterschiedlich auszustatten, um uns Demut zu lehren. Daher nehme sich keiner das Recht heraus, die Schwächeren wegen ihres Mangels zu verurteilen und auf seine Begabung sich etwas einzubilden, ist sie doch nur eine Leihgabe, die mit einer großen Verantwortung verbunden ist. Genauso verhält es sich in einer Familie: Gott hat die Kinder mit unterschiedlichen Begabungen versehen, oft mit anderen Begabungen, als sich die Eltern das gewünscht haben. Wichtig ist vielmehr, dass die Eltern die vorhandenen Gaben erkennen und fördern. Es wäre sehr egoistisch, die Kinder nach den Wunschträumen der Eltern formen zu wollen. Die Kinder sollen im Glauben erzogen werden und lernen, ihre Begabungen nach Maßgabe ihrer Kräfte für das Reich Gottes einzusetzen. Ein musisch begabter Mensch kann durch seine Talente, die Herzen anderer zum Klingen bringen und so zu Gott führen. Ein intellektuell Begabter wird eher bei ähnlich veranlagten Menschen ein Echo finden. Letztendlich sollen alle Früchte des Heiligen Geistes erwerben und anderen den Weg zum Gottesreich zeigen.

Derjenige nun, der seine Talente nicht einsetzt, sie sozusagen vergräbt, handelt in hohem Maße egoistisch. Er will kein Risiko eingehen, keine Niederlage beim Umgang mit seinem Talent erleiden, er will einfach seine bequeme Ruhe haben. Deshalb tadelt ihn sein Herr als „faul“. Denn der bewusste Einsatz eines Talents ist außer mit Arbeit auch stets mit Niederlagen und Enttäuschungen verbunden, denn der Talentierte muß zuerst seine Grenzen ertasten und in diesem Rahmen wirken. Ein Künstler wird erst dadurch zu einem großen Künstler, wenn er seine Fähigkeiten trainiert und seine Grenzen einhält. Er muß sich dabei der Kritik anderer aussetzen, bereit sein dazu zu lernen und so seinen Weg zu finden. Genau dieses fürchtet der bequeme Egoist, er möchte Niederlagen und Kritik vermeiden und stets als „tadellos“ dastehen. Bei dieser Lebensweise verkümmert sein Talent und so wird ihm zuletzt auch noch das genommen, was ihm als Talent in die Wiege gelegt worden war. Er hat auch kein Recht seinen Schöpfer anzuklagen, weil er weniger begabt wurde als andere: „Ich wusste, dass Du ein harter Mann bist, Du erntest, wo Du nicht gesät und sammelst, wo Du nicht ausgestreut hast!“ (25,24 Hätte er mit den wenigen Talenten, die ihm zur Verfügung gestanden haben gearbeitet, wäre er genauso wie die anderen „in die Freude seines Herrn“ eingegangen, d h., er hätte am himmlischen Hochzeitsmahl teilnehmen dürfen. Der Tadel des Herrn, er hätte sein Talent wenigstens auf die Bank bringen und auf diese Weise Zinsen erwirtschaften können, scheint mir darauf hinzuweisen, dass er dieses eine Talent in den Dienst anderer hätte stellen und dabei wenigstens einen kleinen Zugewinn erarbeiten können.

Es gibt also, wenn wir dieses Gleichnis ernst nehmen, keine neutrale Position, in der man sich aus aller Verantwortung heraushalten könnte: Passivität im Umgang mit seinen Gaben führt in Schuld. Es gibt allerdings noch eine dritte Position, die in diesem Gleichnis nicht erwähnt wird. Das sind Aktive, die ihre Talente und Kräfte nicht Gott, sondern für Satan und sein Reich einsetzen. Das sind Menschen, die ihre Begabungen bewusst nicht nur zum Schaden anderer verwenden –z.B. die vielen Verbrecher und Gauner -, sondern auch okkulte Praktiken betreiben, wie etwa in Geheimbünden. Wenn schon den Passiven eine so große Strafe angedroht wird, dass sie der Finsternis ausgesetzt werden, was wird dann erst solche Menschen erwarten?!

16.09.2007
Priester Paul Sohnle

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